Einmal Wüste und zurück: Mit dem Jeep durch Argentinien, Chile und Bolivien (Teil 1)

10 Tage - 6000 Kilometer - 3 Länder (4000 Fotos).

 

Geklaute Seelen, bunte Felsen, surreale Berge, elegante Flamingos, steinerne Bäume. Salzwüste, Steinwüste, Sandwüste.

 

Auf 4000 Metern Höhe nehmen wir ein Bad in heißen Quellen. Unter einem spektakulären Sternenmeer wird unsere Existenz nichtiger denn je. Wir durchqueren das Tal des Todes und das Tal des Mondes. Den einen verschlägt die wunderschöne Landschaft die Sprache, den anderen nimmt sie die Luft zum Atmen.

 

Komm mit auf eine unvergessliche Entdeckungsreise durch die Wüste: Wir fahren mit dem Jeep durch Argentinien, Chile und Bolivien.

Drei Länder und knapp 6000 Kilometer in zehn Tagen – das ist genau die Art von Reisen, die mich überhaupt nicht anspricht.

Dazu kommt, dem Smalltalk mit Fremden auf engstem Raum ausgesetzt zu sein. Diese Form von Gesprächen bestimmt meinen Arbeitsalltag und da mach ich das auch leidenschaftlich gern, denn sich unterhalten ist ja prinzipiell etwas Schönes.

Aber im Urlaub möchte ich gerne – wie wahrscheinlich jeder – etwas anderes machen als bei der Arbeit.

 

Warum also befinde ich mich in einem Jeep mit sechs rund um die Uhr plappernden Argentiniern?

Um ehrlich zu sein, das fragte ich mich oft während dieser Reise, die sich wenig nach Urlaub und Erholung anfühlte, landschaftlich aber einfach nur grandios war.

 

Der Guide ist ein Bekannter und liegt uns schon lange in den Ohren, mit ihm auf Reisen zu gehen. Er bietet Jeeptouren durch ganz Argentinien und die Nachbarländer, mittlerweile auch durch Marokko an. Er kennt die schönsten Strecken der jeweiligen Gegend und bringt uns zu Orten, an die wir mit unserem VW Golf nicht hinkommen.

 

Aus diesem Grund unterziehe ich meine Pomuskulatur also dieser harten Probe: zehn Tage im Jeep. Wir fahren einmal quer durch Argentinien, bestaunen das Sternenmeer in der trockensten Wüste der Welt und schnuppern bolivianische Höhenluft abseits jeglicher Straßen.

 

Von Buenos Aires nach Purmamarca

Wir treffen uns in einer Garage im Stadtviertel Mataderos. Das Auto ist vollgestopft bis unters Dach.

Wir kauen noch genüsslich auf einem Stück Pizza herum, als Nacho, Guide und Fahrer, den Motor anlässt.

Über 1600 Kilometer trennen uns von Purmamarca im Norden Argentiniens, dem ersten Ziel unserer Reise.

 

Wobei, Ziele gibt es bei dieser Reise eigentlich nicht, hier ist das Ziel der Weg, das Unterwegssein. In den nächsten 22 Stunden fahren wir durch sieben Provinzen.

 

In der Provinz Córdoba lacht uns die Morgensonne entgegen. Wir machen kurz Halt. Weiter geht es durch Santiago del Estero. Ich denke an meine erste Argentinienreise vor elf Jahren. Der Bus hielt in der gleichnamigen Provinzhauptstadt, ich stieg aus und lief gegen eine glühende Hitze-Wand. Das muss der heißeste Ort der Welt sein.

Jetzt fällt mir vor allem der Müll auf, der sich am Straßenrand türmt. Santiago del Estero, auch unsere zweite Begegnung wird in keiner innigen Freundschaft enden.

 

Je weiter wir gen Norden fahren, desto spärlicher wird die Flora. Catamarca begrüßt uns mit zurückhaltender, karger Schönheit.

Ich rutsche auf dem Sitz hin und her, finde keine bequeme Position mehr. Die Minuten ziehen sich dahin wie Kaugummi.

Irgendwann geht die Sonne wieder unter, die Mädels neben mir reden seit unglaublichen 20 Stunden ohne Punkt und Komma.

 

Unter einem wunderschönen Sternenhimmel erreichen wir zwei Stunden später unsere Unterkunft ein paar Kilometer außerhalb von Purmamarca. Hier treffen wir uns mit sechs weiteren Mitreisenden, die mit ihrem eigenen Fahrzeug angereist sind.

 

Für alle ist klar: Es kommt nur asado auf den Tisch. So klingt der erste Reisetag zwischen Empanadas, Fleisch, Salat (hat die seltsame Deutsche bestellt) und den Gitarrenklängen des Nordens allmählich aus.

 

Die Provinzen Salta und Jujuy an der Grenze zu Chile und Bolivien zählen zu den ärmeren in Argentinien. Die Menschen hier leben hauptsächlich von der Viehzucht und dem Tourismus.

Purmamarca hat sich in den letzten Jahren hübsch herausgeputzt für die vielen Touristen, die den „Cerro de los siete colores“, den Berg der sieben Farben, bestaunen wollen.

Die Menschen begegnen ausländischen Touristen häufig distanziert.

 

Aber auch hier zeigt sich wieder einmal: Mit einem freundlichen Lächeln, Respekt und den nötigen Kenntnissen der Landessprache lassen sich Distanzen überwinden.

 

Am nächsten Tag fahren wir durch Nebelschwaden und dicke Wolken. Landschaften lösen sich auf, um uns herum ist alles grau.

Dann sind wir über den Wolken angekommen und werden von wärmenden Sonnenstrahlen begrüßt.  

Ich würde gerne aussteigen und mir die Beine vertreten, fühle mich unglaublich weit weg von dieser atemberaubenden Landschaft, die sich um mich herum ausbreitet.

Das soll mir die nächsten Tag noch oft so gehen.

 

Nach einer Fotopause an den Salinas Grandes, einer gigantischen Salzwüste, passieren wir die Grenze nach Chile.

 

Atacamawüste: Über den Paso de Jama nach San Pedro de Atacama

Der Paso de Jama, der Grenzpass zwischen Argentinien und Chile, führt uns auf der chilenischen Seite auf über 5000 Meter.

Der Motor unseres Jeeps stößt seufzend tiefschwarze Rauchwolken aus.

Dann geht es steil bergab nach San Pedro de Atacama. In meinen Ohren knackt und kracht es wie bei der Landung im Flugzeug.

Zu meiner Rechten erhebt sich stolz der Wächter der Atacama: der Licancabur.  

 

Als Kind habe ich eine Doku über die Atacamawüste und den Licancabur gesehen und wollte seither dort hinreisen. Und plötzlich ist dieser Moment einfach so da, wir reisen durchs Chile meiner Kindheit.

Ich klebe mit dem Gesicht an der Fensterscheibe und komme aus dem Staunen nicht heraus. Der Licancabur - stolz und erhaben. Das Geschnatter der Mädels holt mich aus meiner Traumwelt zurück.

 

Wir erreichen San Pedro de Atacama.

Mitten in der Wüste blüht es in allen Farben, die Straßen sind gesäumt von grünen Bäumen und Sträuchern. Eine Oase, die, wie es scheint, nur für den Tourismus erschaffen wurde.

In der sandigen Fußgängerzone reihen sich Restaurants, Geldwechselstuben und Souvenirshops aneinander. Man hört jede erdenkliche Sprache – nur fast kein Spanisch. Touristen flanieren in den immer gleichen buntgestreiften Südamerikahosen auf der Plaza auf und ab und genießen sichtlich den „easy going Lifestyle“ auf Zeit.

 

Auch mich zieht der Ort sofort in seinen Bann. Wir treffen viele Abenteurer; Menschen aus der ganzen Welt, die die Panamericana von Alaska nach Feuerland mit dem Fahrrad fahren, als sei es das normalste der Welt.

In San Pedro bleiben wir ein paar Tage und erkunden die Gegend.

 

Valle de la luna - Mondtal

Wir besuchen das Valle de la luna, das Tal des Mondes. Bizarre Felsformationen wie das „Amphitheater“, Höhlen, Sanddünen. 

Auf dem Grat einer Düne schlürfen wir genüsslich Matetee und werden Zeugen eines atemberaubenden Sonnenuntergangs. Die Wüste ist in goldenes Licht getaucht, das bald in sanfte Rottöne übergeht. Als sich schon dunkle Nachtschatten über das Mondtal legen, winkt der Licancabur noch angestrahlt von der Sonne zum Gutenachtgruß.

 

Wir essen in einem hervorragenden Restaurant und ich staune wieder mal über die Vielfalt chilenischen Essens. Die Argentinier könnten sich davon ruhig eine Scheibe abschneiden (psst, das darf Hernan aber nicht wissen).

 

Nach dem Essen lassen wir uns von einem Einheimischen den mit Sternen übersäten Wüstenhimmel erklären und genießen dazu leckeren Pisco Sour – peruanisches Nationalgetränk, das die Chilenen für sich streitig machen.

 

Geysire El Tatio

Die Nacht ist klirrend kalt und für uns sehr kurz: Um 3.30 Uhr sitzen wir schon wieder im Auto, um vor Sonnenaufgang das Geysirfeld El Tatio zu erreichen.

86 Grad heißer Wasserdampf schießt in hohen Fontänen in den Wüstenhimmel. Unter meinen Füßen brodelt die Erde. Es ist ein unbeschreibliches Naturschauspiel. Nach Sonnenaufgang lassen die Fontänen nach.

 

Wir gönnen uns ein Bad in den heißen Quellen ganz in der Nähe.  Wir befinden auf über 4000 Meter und nachdem ich eine Bahn geschwommen bin, ringe ich nach Luft.

 

Auf dem Rückweg erkunden wir das pittoreske Dorf Machuca und lassen uns leckere Empanadas schmecken. Wir halten alle paar Meter an, um Guanakos, Lamas, Vicuñas und Flamingos zu bestaunen.

Die Luft auf dieser Höhe ist herrlich klar. Die Sonne brennt erbarmungslos vom Himmel. In Buenos Aires habe ich eine Sonnencreme mit LSF 70 erstanden, die ich mir im Stundentakt auf die Nase reibe.

 

Der letzte Tag in San Pedro de Atacama steht zur freien Verfügung. Hernan und ich reiten mit einem chilenischen Gaucho durch das Valle de la muerte, das Tal des Todes.  

Argentinier und Chilenen sind nicht gerade die besten Freunde, das wird bei dieser Reittour wieder mal deutlich. 

Während ich äußerst zuvorkommend behandelt werde, erntet Hernan ein „ah, Argentinier“ und sonst eher spärliche Anworten. „Sí“, „no“, „ok“.

Gut, dass den Pferden unsere Nationalität egal ist.

Der Abschied von San Pedro de Atacama fällt mir nicht leicht. Ich habe ein mulmiges Gefühl, nach Bolivien zu reisen. Zehn Jahren zuvor verbrachte ich dort, nun sagen wir, nicht gerade die beste Zeit meines Lebens.

 

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