Der Süden der Provinz Mendoza ist ein echter Geheimtipp. Während sich der Tourismus hauptsächlich auf die Weinregion rund um Mendoza-Stadt und San Rafael konzentriert, findet der Reisende im Departamento Malargüe menschenleere Täler, schwarze Vulkankegel und heiße Quellen vor, welche die Herzen von Naturliebhabern höher schlagen lassen.
In dieser dreiteiligen Artikelserie nehme ich Dich mit auf eine Entdeckungsreise in Mendozas wilden Süden.
Los geht’s mit Malargüe.
Malargüe - das "andere" Mendoza
Ich werfe den Namen Mendoza in den Raum. Wie ein Bumerang kommt die Antwort zurückgeflogen: Wein. Dafür ist die Provinz bekannt. Rund um die gleichnamige Provinzhauptstadt liegt das größte Weinbaugebiet Argentiniens.
Der Süden der Provinz ist anders. Grüne Weinberge sucht man vergeblich. Ebenso Malbec, Cabernet Sauvignon und Syrah.
420 Kilometer von Mendoza Ciudad entfernt sind die Menschen darauf bedacht, nicht mit den Mendozinern gleichgesetzt zu werden. Sie sind Malargüiños und stolz darauf.
Malargüe: Siesta, Chivito, Mate
Die überschaubare Kleinstadt Malargüe hat einiges zu bieten. Außer zwischen 12 und 17 Uhr. Dann verwandelt sie sich in einen Geisterort.
Schwere Eisengitter zieren die Schaufenster der Läden. Selbst die zahlreichen streunenden Hunde sind verschwunden. Die Siesta wird von allen respektiert. Erst als die Sonne bereits sehr tief steht, trauen sich Mensch und Tier wieder vor die Tür. Der immer noch glühende Asphalt bestätigt sie darin, alles richtig gemacht zu haben.
In den Abendstunden sitzen Alt und Jung zusammen auf den Bürgersteigen und lassen den Matebecher die Runde drehen, während die umliegenden Berge von stürmisch zuckenden Blitzen erhellt werden. Um diese Uhrzeit lässt man sich am besten in einem der gemütlichen Restaurants eines der typischen Gerichte schmecken: Chivito (Ziegenfleisch) oder Trucha (Forelle).
Gute Restaurants in Malargüe:
- Vairoletto (Av. Gral. Roca 9)
- La Posta (Av. Gral. Roca 174)
- El Bodegón de María (Ecke Gral. Villegas + Rufino Ortega)
- La Cima (Av. San Martín 886)
Malargüe hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Während die Region früher insbesondere für die Gewinnung von Erdöl wichtig war, ist der Tourismus mittlerweile einer der Hauptwirtschaftszweige.
Die Touristen kommen hauptsächlich aus Argentinien und Chile. In Europa scheinen sich die Schönheit und Vielseitigkeit der Region noch nicht herumgesprochen zu haben.
Aber auch das wird sich bald ändern. Dass sich der Süden Mendozas im Umbruch befindet, ist überall spürbar. Man wappnet sich für größere Touristenströme, die mit Sicherheit nicht lange auf sich warten lassen.
Malargüe selbst ist schnell erkundet. Neben ein paar Museen und bewaldeten Parkanlagen – eine Wohltat fürs Auge mitten in der Wüste – steht hier das Pierre-Auger-Observatorium zur Erforschung ultra-hochgenetischer kosmischer Strahlung. Das Observatorium kann im Rahmen einer Führung besichtig werden (Adresse: Av. San Martín 304):
- Mo - Fr 9:00-12:30 und 15:00-18:30 Uhr
- Sa, So, Feiertage: 10:00-12:30 und 16:00-18:30 Uhr
Die Ruta Nacional 40, mit über 5000 Kilometern die längste Straße Argentiniens und der Traum eines jede Abenteurers, führt direkt durch den Ort hindurch. Im Ort selbst heißt die Ruta 40 "Av. San Martín". Hier steht eines der Wahrzeichen von Malargüe, der Uhrturm "Reloj del Cincuentenario". Bis 1950 gehörte Malargüe zu San Rafael. Die Uhr war ein Geschenk zum 50-jährigen Jubiläum der "zweiten Stadtgründung".
Etwas außerhalb, von der Ruta 40 aus sichtbar, steht eine von weltweit drei 35-m-Antennen des ESTRACK Deep-Space-Netzwerks der ESA. Diese dient zur Kommunikation mit Satelliten und Raumsonden und darf nur aus der Ferne bestaunt werden.
Wer etwas von der Gegend sehen will und nicht nur auf der Durchreise ist, sollte sich ein paar Tage Zeit nehmen.
In Malargüe gibt es viele Hotels, urgemütliche Cabañas, meist mit Pool, und einen schönen Campingplatz.
Die Cabañas Terrazas en el Bosque kann ich wärmstens empfehlen.
Exkursionen rund um Malargüe
Einige Ausflüge müssen über Agenturen gebucht werden, andere können auf eigene Faust unternommen werden.
Es gibt ca. 5 Touranbieter, die alle nebeneinander bzw. gegenüber entlang der Hauptstraße San Martín liegen (zwischen den Straßen Capdevila und Saturnio Torres).
Um Dir die Wahl der richtigen Tour zu erleichtern, habe ich alle miteinander verglichen: Sie haben allesamt das gleiche Angebot und unterscheiden sich ebenso wenig preislich voneinander! Allerdings werden nicht täglich alle Touren angeboten.
Am besten, Du überlegst dir vorher, was Du machen willst und fragst dich dann durch, wer welche Tour an welchem Tag anbietet.
Sonst geht’s Dir wie mir und Du musst schweren Herzens auf eine Exkursion verzichten.
Übrigens, die Touren sind in der Regel auf Spanisch! Ausflüge in englischer Sprache müssen vorher angefragt werden!
La Payunia – im Reich der schlafenden Vulkane
La Payunia ist mit Sicherheit eine der Hauptattraktivitäten rund um Malargüe.
Die Exkursion dauert ca. 12 Stunden und kostet umgerechnet etwa 45 Euro (Januar 2020).
Mit dem Minibus geht es in die 200 Kilometer entfernte schwarze Wüste.
La Payunia ist eine der vulkanreichsten Gegenden der Erde. Auf 4500 Quadratkilometern ragen rund 800 Vulkankegel in den azurblauen Himmel. Die höchsten Erhebungen sind der Payún Matrú (3680 m) und Payún Liso (3715 m). Die Lavatröme des Payún Matrú zählen zu den längsten weltweit und werden mit denen auf dem Mars verglichen. In der Sprache der Mapuche bedeutet Payún Matrú so viel wie „Ort, an dem es Kupfer gibt“.
Schwarz, trocken, still – das Naturreservat wirkt auf den ersten Blick karg und lebensfeindlich.
Unter den Schuhen knirschen die Lapilli – nussgroße Pyroklasten –, die seit dem Vulkanausbruch den kompletten Boden säumen. Grüne Sträucher bilden einen herrlichen Kontrast zum Schwarz.
Die gelben Büschelgräser sind der Goldstaub dieses unwirtlichen Märchenlandes. Dazwischen liegen riesige Vulkansteine wie Kanonenkugeln, welche die Vulkane vor etwa 2,5 Millionen Jahren aus ihrem Innern herausspuckten. Diese Pyroklasten werden vulkanische Bomben genannt und sind während Entstehung und Transport geschmolzen.
Die vorbeiziehenden Wolken werfen fantasievolle Formen und Gestalten auf die Vulkane. Dadurch sieht die Landschaft von einer Minute auf die nächste vollkommen anders aus.
Ein Guanako-Weibchen beobachtet uns misstrauisch, während ihre chulengos – die Jungtiere – verspielt über den nachtschwarzen Boden galoppieren. Die zu den ñandúes gehörenden choiques suchen erschrocken das Weite, als sie unsere wild zusammengewürfelte Reisegruppe erspähen. Der chinchillón, ein Nagetier aus der Familie der Chinchillidae, lässt sich von uns nicht stören.
Überall sehen wir Tiere – die Wüste lebt!
Nach einem köstlichen Mittagssnack mit Blick auf den Payún Liso geht es in einem etwa 20-minütigen Fußmarsch zum Krater des rot schimmernden Volcán Morado. Wir blicken in den Schlund und fühlen uns wie auf einem anderen Planeten.
Von hier oben genießt man ein wunderbares Panorama. Die immense Ausdehnung des Gebiets wird dem kleinen Menschen schluckend bewusst.
Nach diesem krönenden Abschluss treten wir den Rückweg an, der sich teilweise etwas kompliziert gestaltet, wie Du auf den Bildern sehen kannst.
Caverna de las Brujas und Wasserfall Manqui Malal
Auf dem Weg zum Grenzpass Pehuenche liegen zwei Sehenswürdigkeiten, die auch auf eigene Faust mit einem lokalen Guide besucht werden können. Wer kein eigenes Fahrzeug hat, bucht die Exkursion über eine der Agenturen in Malargüe.
Vor der Passstraße Cuesta del Chihuido kann der Wasserfall Manqui Malal besucht werden. Hier haben ein paar Aussteiger ein kleines Restaurant eröffnet und bieten einstündige Spaziergänge zum Wasserfall an.
Das Gestein rund um den Wasserfall enthält viele Fossilien aus der Trias. Der Wasserfall selbst führt seit einigen Jahren wenig Wasser.
Mein Fazit: Kann man machen, gerade wenn man sowieso vorbeifährt, muss man aber nicht.
Der Besuch der Tropfsteinhöhle Caverna de las Brujas (Hexenhöhle) ist um einiges spektakulärer. Wer wie wir auf eigene Faust loszieht, muss die Eintrittskarten für die Höhle vorher in der Touristeninformation in Malargüe kaufen! Diese befindet sich am Ortseingang im Ayer Park an der Hauptstraße San Martín.
Die Höhle liegt 70 Kilometer von Malargüe entfernt. Einfach der Ruta 40 folgen und kurz vor Bardas Blancas rechts auf einen Schotterweg abbiegen. Die Höhle ist ausgeschrieben. Vor Ort wird man mit Helm und Stirnlampe ausgestattet.
Kletternd, robbend, rutschend durch die Hexenhöhle
In einer kleinen Gruppe betreten wir die Höhle. Wir setzen uns im Kreis auf den kalten Boden und schalten die Taschenlampen aus.
Es ist stockdunkel. Unser Guide erzählt uns die Geschichte der Höhle. Ihre angenehme Stimme hallt im Dunkeln wider.
Nach ein paar Minuten hat sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnt. Erst sehe ich schemenhaft die Umrisse der anderen und die grauen Gesteinsformationen. Dann wird das Bild plötzlich klar.
Die nicht mehr gesichtslose Stimme bittet uns, die Taschenlampen anzumachen und wir blinzeln etwas verstört im Licht.
Nun geht die Kraxelei los. Für Menschen mit Platzangst ist die Höhle nicht unbedingt der richtige Ort!
Während der nächsten drei Kilometer wird es nicht nur ständig dunkler und klammer, sondern auch enger.
Zwischen Stalaktiten und Stalagmiten robben wir auf dem Bauch, rutschen auf dem Hintern, klettern, steigen auf Leitern auf und ab in die Finsternis.
Irgendwann endet das Tunnelsystem. Wir nehmen auf feuchten Steinen Platz. Es ist sehr kalt. Abermals werden wir gebeten, die Taschenlampen auszumachen. Eine Minute lang sollen wir so still wie möglich sein.
Abgesehen vom Atem der anderen und ein paar von der Decke fallenden Wassertropfen hören wir nichts.
Wir sind vollständig eingeschlossen von Stille und Dunkelheit.
Spontaner Wintereinbruch im Hochsommer
Zurück geht es über den gleichen Weg.
Während der zwei Stunden, in denen wir in der Höhle waren, hat es draußen stark geregnet.
Die bedrohlich aussehende schwarze Wolkenwand zeugt davon, dass das Schlimmste noch nicht überstanden ist.
Wir brauchen für die 70 Kilometer nach Malargüe 5 Stunden und haben mit ein paar Hindernissen zu kämpfen.
Ein trockenes Flussbett hat sich in einen Schlammstrom verwandelt und die Straße überflutet. Auf einer Passstraße kurz vor Malargüe schüttet es wie aus Eimern.
Aus dem Regen wird Schneeregen, dann Schnee, dann Hagel. Die Naturgewalten donnern auf unser Autodach. Bald ist die Straße von einer 30 cm dicken Hagelschicht bedeckt.
Und wir? Stecken fest! Wie viele andere Autos vor und hinter uns.
Die Temperatur fällt, der Hagel gefriert unter dem Auto. Um uns herum tanzen die Blitze.
Die Ruta 40 ist dicht!
Alle helfen sich gegenseitig beim Freischaufeln und Anschieben. Unser Auto will weder vor noch zurück. Ein Geländewagen zieht uns schließlich mit dem Abschleppseil aus dem Schlamassel.
Als wir gegen 22 Uhr das Ortsschild von Malargüe passieren, kommt uns ein Räumungsfahrzeug entgegen.
In den lokalen Nachrichten ist am Folgetag von nichts anderem die Rede als dem chaotischen Wintereinbruch im Hochsommer.
Vulkan Malacara
35 Kilometer südöstlich von Malargüe liegt ein weiteres Highlight der Region: der 1800 Meter hohe begehbare Vulkan Malacara.
Bei seinem ungeheuren Ausbruch vor rund 150 Millionen Jahren wurde eine ganze Flanke mit in die Luft geschleudert, sodass man heute über die Seite in eine wunderbare Welt hineinlaufen kann.
Lava, Wind und Wasser haben zahlreiche enge Tunnel gebildet. Der Krater wirkt wie ein Canyon und durch die vielen Kamine dringt Tageslicht hinein, sodass die Gesteinsformationen goldfarben leuchten.
Kleiner Tipp aus eigener Erfahrung: Nimm eine Sonnenbrille mit und lass sie ständig auf!
Ich habe sie für ein paar Sekunden abgesetzt, um ein Foto zu machen. In dieser kurzen schutzlosen Zeit ist mir ein Vulkansteinchen ins Auge geflogen, das es sich tief unter dem Augenlid gemütlich gemacht hat. Dieses raue Gestein fühlt sich im Auge so an, an würde jemand mit einer spitzen Glasscherbe hin- und herreiben. Ich musste die Exkursion vorzeitig abbrechen.
Der Tag endete für mich im Krankenhaus in Malargüe.
Eine Erfahrung, die man nicht braucht!
Castillos de Pincheira
Wer noch Zeit mitgebracht hat, kann die 30 Kilometer entfernten Castillos de Pincheira, eine bizarre Felsformation, besuchen. Hier gibt es eine kleine Höhle, einen schönen (aber sehr windigen) Aussichtspunkt, einen Campingplatz mit Pool und ein (überteuertes!) Restaurant. Die Aussicht auf die umliegenden Berge ist wunderschön. Ein guter Ort zum Relaxen und die Seele baumeln lassen.
Wenn Du aber nur ein paar Tage in Malargüe bist und zwischen den Exkursionen auswählen musst, empfehle ich Dir, die oben beschriebenen Orte zur besuchen.
Laguna Llancanelo
Im Naturreservat Laguna Llancanelo gibt es Flamingos und andere Vögel zu sehen. Allerdings führt die Lagune seit einigen Jahren kaum Wasser, sodass sich die Tiere immer weiter zurückziehen. Dementsprechend wird die Tour zurzeit nicht angeboten.
Am besten vorher per Mail bei den Agenturen anfragen.
Bosques Petrificados
Auf dem Weg nach Payunia gibt es ein neues Schutzgebiet: die versteinerten Wälder. Der Park wurde am Tag meiner Abreise eröffnet, daher war ich selbst nicht dort.
El Sosneado – Thermalbäder zwischen Ruinen und Gebirge
50 Kilometer nördlich von Malargüe liegt der verschlafene Ort El Sosneado. Von hier führt eine Schotterpiste zu einem Thermalbad mitten im Nirgendwo umringt von den Anden. Daneben stehen die
ruinösen Überreste des ehemaligen Hotels Termas El Sosneado. Uns wurde davon abgeraten, die Straße ohne Geländewagen zu befahren. Die Exkursion von Malargüe aus wurde nicht angeboten, da es zu
wenige Anmeldungen gab. Der Touranbieter sitzt in San Rafael. Ausflüge können auch von dort direkt oder auf eigene Faust (mit dem passenden Auto) organisiert werden.
Die Fotos der Thermalbäder sehen beeindruckend aus und mit Sicherheit werde ich ihnen irgendwann einen Besuch abstatten.
Allerdings gibt es in der bunten Bergwelt rund um Malargüe auch noch andere Thermalbäder, die nicht von Tagesausflüglern aus San Rafael gestürmt werden....
Du hast Fragen zu Malargüe? Dann freue ich mich auf Deinen Kommentar oder Deine Mail!
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