Gauchos und Folklore: Fiesta de la Tradición in San Antonio de Areco

Pferdehufe donnern über den sandigen Boden, ein Motorrad verschwindet hupend in einer Staubwolke, der Geruch von asado, gegrilltem Fleisch, liegt in der Luft. Die Stimmung ist ausgelassen.

 

 

Jedes Jahr im Frühling finden die „Fiestas de la Tradición“ in Argentinien statt. Eine der bekanntesten ist die Fiesta de la Tradición in San Antonio de Areco.

Für ein Wochenende wird dem Mythos “Gaucho” wieder Leben eingehaucht.

Auf dem Programm stehen Reitvorführungen, traditionelle Folkloretänze, Führungen durch das historische Zentrum, nostalgische Gitarrenklänge, Vorträge über ländliche Traditionen und die „Gaucho-Kultur“.

Zum ersten Mal fand das Fest im Jahr 1939 statt. Mit der Fiesta de la Tradición soll an den Geburtstag des argentinischen Dichters José Hernández (10.11.1834) erinnert werden.

Er schrieb 1872 das Epos „El gaucho Martín Fierro“, das prominenteste Beispiel gauchesker Dichtung.

Es erzählt vom rauen Alltag der Gauchos und ihren Pferden in den Pampas, ihrem Stolz, ihrer Unabhängigkeit, ihren erbitterten Kämpfen gegen die städtische Zivilisation.

Kämpfe gibt es auch bei der Fiesta de la Tradición in Areco: Die modernen Gauchos messen sich bei Wettkämpfen, führen stolz ihre Pferde vor, „zähmen“ ihre Jungtiere vor tausenden von Schaulustigen. Dieses „Zähmen“, die „jineteada“, entspricht nicht dem Einreiten („doma“).

Es wird von Tierschützern kritisiert, tut der Beliebtheit der Feierlichkeiten aber keinen Abbruch.

Bei Bier und Empanadas unterhalte ich mich mit einer Gruppe von Gauchos. Sie erklären mir die Regeln der jineteada.

Es klingt ein bisschen nach nordamerikanischem Rodeo: Die Reiter müssen sich mindestens sechs Sekunden auf den buckelnden Pferden halten, dann gilt die jineteada als erfolgreich. Das Pferd ist zwar noch lange nicht gezähmt, sein Wille aber gebrochen.

 

Meine angedeutete Kritik stößt auf Unverständnis. Ich werde von den stolzen Herren aufgrund meiner naiven Einstellung belächelt. In den Weiten der argentinischen Pampas ist kein Platz für  Streicheleinheiten und Sanftmut. Die Gauchos lieben ihre Pferde, doch offensichtlich haben wir unterschiedliche Vorstellungen davon.

 

Nicht immer geht es in Argentinien so zu. Es gibt auch sanfte Arten der Zähmung bzw. des Einreitens wie die „doma india“.

Auf der Fiesta de la Tradición wollen die Zuschauer aber etwas zu sehen bekommen – das ist hartes Showbusiness.

Um die Diskussion zu beenden, wird die naive Europäerin selbst aufs Pferd gesetzt und mundtot gemacht.

Es gibt auf der Fiesta de la Tradición aber auch weniger Brutales zu sehen.

Paraden, bei denen die Gauchos stolz ihre Pferde vorführen oder Reiterspiele wie die „corrida de sortija“, die dem Ringreiten sehr ähnlich ist: Auf zwei 2-3 Meter hohen Pfosten wird eine Querstange platziert, an der ein kleiner Ring (sortija) herunterhängt. Die Reiter müssen diesen Ring in vollem Galopp mit einer Art Stecken in der Länge eines Kugelschreibers aufnehmen.

Keine leichte Aufgabe, doch die Gauchos meistern das hervorragend.

Es heißt, der Ring steht sinnbildlich für den Ehering. Wer weiß, vielleicht steigt nach der Fiesta de la Tradición ja die Heiratsrate in Argentinien?

Außerdem gibt es jede Menge Tanz- und Musikveranstaltungen, bei denen etwa die traditionelle Chacarera getanzt wird. An jeder Ecke der Kleinstadt brutzelt Fleisch auf der parrilla, dem Grill, vor sich hin.

Man muss kein Pferdefanatiker sein, um hier Spaß zu haben. Für jeden, der sich auf diesen traditionsreichen, folkloristischen Aspekt der argentinischen Kultur einlassen kann und möchte, ist etwas geboten.

Es ist eine komplett andere Welt als Buenos Aires. Es ist aber auch eine völlig andere Erfahrung als an einem gewöhnlichen Wochenende nach Areco zu fahren oder einen Tag auf einer Estancia (Hazienda) zu verbringen.

Neugierig geworden?

Transport: von Buenos Aires nach San Antonio de Areco

San Antonio de Areco liegt 113 Kilometer nordwestlich von Buenos Aires und wird mehrmals täglich von den Busunternehmen Chevallier und San Juan angefahren.

 

Preisauskunft und Tickets erhältst Du am Busbahnhof Retiro, bei lokalen Agenturen oder im Internet, zum Beispiel bei Busbud oder Central de Pasajes.

Übernachten in San Antonio de Areco

Vom einfachen Hostel über luxuriöses Hotel bis hin zur ländlichen Estancia gibt es in Areco für jeden die passende Unterkunft. Rund um die Fiesta de la Tradición platzt die Kleinstadt aus allen Nähten und es sollte unbedingt reserviert werden. Eine Auswahl an Unterkünften findest Du hier.

 

 

Die Touristeninformation befindet sich in Zerboni 2760.        

Fiesta de la Tradición 2017

Die 78. Fiesta de la Tradición findet am 11. und 12. November 2017 statt.

 

 

Das Programm:

 

 

Samstag, 11.11.2017

 

  • ab 14 Uhr, Park Criollo Ricardo Güiraldes: Tropillas (eine Art Präsentation der gesamten Herde, die der Leitstute folgen), carrera de sortijas (Ringstechen), jineteadas (besagtes „Rodeo“)
  • ab 20 Uhr, Innenhof der Pulpería La Blanqueada: Peña de la Tradición (Musik- und Tanzveranstaltung)

 

 

Sonntag, 12.11.2017

 

  • Ab 10.30, Plaza Ruiz de Arellano: Folkloretanzvorführungen
  • Ab 11 Uhr, Park Criollo Ricardo Güiraldes: Desfile de paisanos (Parade, bei der die Reiter und ihre Tiere vorgestellt werden) und tropillas
  • Ab 15 Uhr, Park Criollo Ricardo Güiraldes: jineteadas

Auch 2017 war ich mit der Kamera auf Fiesta de la Tradición unterwegs. Hier kommst Du zur Bildergalerie.

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Kommentare: 2
  • #1

    Rosemarie (Freitag, 10 November 2017 04:02)

    Super Fotos und Bericht!

  • #2

    Argentinien24/7 (Freitag, 10 November 2017 08:36)

    Danke :)