Tren Patagónico: 830 Kilometer mit dem Zug vom Atlantik in die Anden

Der legendäre Patagonienzug „Tren Patagónico“, der früher Buenos Aires mit Bariloche verband, verkehrt heute noch einmal pro Woche zwischen Viedma und Bariloche in der Provinz Río Negro. Diese Möglichkeit, bequem von der Atlantikküste in die Anden zu fahren, wird von Einheimischen und Touristen gleichermaßen genutzt. Die rund 20 Stunden Fahrt sind ein Abenteuer der ganz besonderen Art.

Patagonien – die Faszination der Monotonie

Eines der Dinge, die mich am argentinischen Teil Patagoniens so faszinieren, ist die unglaubliche Monotonie der Landschaft.

Damit meine ich natürlich nicht die Küste mit ihren weiten Stränden, die tollen Wanderwege in El Bólson oder den Perito Moreno Gletscher, der so etwas wie das Vorzeigebild Patagoniens ist. Sondern das, was dazwischen liegt.

Und das ist: staubtrockene Buschsteppe.

Beigefarbene Gräser, ein paar fahlgrüne Büsche, die für den Wind kein Hindernis darstellen. Manchmal eine Straße oder eine staubiger Schotterweg, die hunderte von Kilometern geradeaus führen. Die Zäune der Estancias. Selten, sehr selten ein Haus oder die bloße Erinnerung an etwas, das einst ein Haus war.

Das war‘s.

Belebt wird die unwirtliche Gegend durch Guanako-Herden und Choiques, eine endemische Straußenart. Ab und zu quert ein Fuchs den Weg.

Man kann einen ganzen Tag durch diese Landschaft fahren und nichts verändert sich.

Diese immense Weite zu verstehen, das mag schnell überfordern.

Und doch geht von der Monotonie eine Faszination aus, die sich tief ins Herz eingräbt, die das Auge fesselt, die Emotionen jeglicher Art hervorruft, die einen nicht mehr loslässt.

Tren Patagónico – mit 40 km/h durch die Steppe

Eine Möglichkeit, sich mit der Monotonie zu konfrontieren, ist die Fahrt mit dem Tren Patagónico.

Von der ursprünglichen Bahnstrecke zwischen Buenos Aires und Bariloche ist zwar nur noch ein kleiner Teil befahrbar, aber dieser kleine Teil umfasst immerhin 830 Kilometer.

Der Patagonienzug verbindet die Atlantikküste mit den Anden.

Jeden Freitag um 18 Uhr beginnt der Zug in Viedma seine Reise nach Bariloche, wo er am nächsten Tag um 13 Uhr ankommt (bzw. ankommen sollte) und sonntags um 17 Uhr fährt er wieder zurück.

Warum braucht dieser Zug, der theoretisch bis zu 120 km/h fahren kann, fast 20 Stunden für die Strecke?

 

Der Zustand der grasbewachsenen Gleise lässt keine hohen Geschwindigkeiten zu. So tuckert er mit einer Durchnittsgeschwindigkeit von 40 km/h, die oft auf 20 gedrosselt wird, gemächlich durch die Steppe. Aber ein schnelles Ankommen ist sowieso nicht das Ziel der Reise.

 

Auf seinem Weg nach Bariloche hält der Patagonienzug an jedem Ort. Mal ist es ein größeres Dorf, mal ein einzelnes, dem Verfall nicht abgeneigtes Haus. Für die Menschen, die in diesen abgeschiedenen Orten leben, war und ist der Tren Patagónico das einzige Transportmittel, um Angehörige zu besuchen oder größere Einkäufe zu erledigen.

Unfreiwillige Stopps auf dem Weg nach Bariloche

Im Zug gibt es einen Speisewagen, wo in zwei Schichten diniert werden kann: um 21 Uhr und um 23 Uhr (sehr argentinische Zeiten also) und wo morgens das Frühstück serviert wird.

 

Leider sind zwei besondere Attraktivitäten des Zuges zurzeit aufgrund von Wartungsarbeiten nicht in Betrieb, der Kino- und der Diskowagen. Klingt skurril, aber ja, man konnte im Zug Filme anschauen und die Hüften schwingen lassen. Man kann nur hoffen, dass das bald wieder möglich ist.

 

Aber schon allein der Blick aus dem Fenster oder dem Bullauge im hintersten Wagen ist reizvoll. Dazu das laute Tuckern und das Schaukeln des Zuges – das hat was von Agatha Christies „Mord im Orient-Express“. Einen Mord gibt es auf unserer Fahrt zum Glück nicht und auch die suizidgefährdete Kuh, die den Zug über eine Stunde an der Weiterfahrt hinderte, musste feststellen, dass das Gras neben den Gleisen besser schmeckt als auf den Gleisen.

Unfreiwillige Stopps gab es einige, wenn keine sturen Tiere der Auslöser waren, musste etwas repariert werden.

Irgendwann hat auch die größte Monotonie ein Ende. Im Falle des Tren Patagónico ist das in Ingeniero Jacobacci, das mit seinen 5000 Einwohnern zu den größeren Ortschaften entlang der Route zählt.

 

Die nächsten Stunden schlängelt sich der Weg durch eine bizarre Canyonlandschaft und alle Passagiere kleben staunend an den Fensterscheiben.

 

Nachdem der höchste Punkt der Strecke erreicht ist, werden die Büsche allmählich zu Bäumen, die trockenen Gräser zu saftigen Wiesen.

Ein, zwei Kurven, dann sieht man am Horizont den schneebedeckten Tronador mit seinen drei Gipfeln und die schroffen Felsnadeln des Catedral-Massivs. Das tiefblaue Wasser des Lago Nahuel Huapi läutet das Ende der Fahrt ein.

 

Nach 20 Stunden im Zug heißt es nun: Willkommen in Bariloche, willkommen in den Anden!

Neugierig geworden?

Tren Patagónico – Tickets & Preise

  • Camarote (Schlafwagen): 2476 Pesos
  • Pullmann (entspricht etwa dem Komfort in Überlandbussen, semi-cama): 1809 Pesos
  • Primera (wie Pullmann, aber ohne Klimaanlage): 1283 Pesos
  • Turista (schmale Holzsitze): keine Angaben

Außerdem gibt es einen Autowagen, in dem etwa 10 Autos transportiert werden können.

Die Preise variieren je nach Größe. Für unseren Golf haben wir 2080 Pesos bezahlt.

 

Alle Preisangaben sind von April 2019.

Aufgrund der Inflation können sich diese schnell ändern. Überprüfe sie daher unbedingt vorher auf der Webseite des Tren Patagónico.

 

 

Reservierung & Bezahlung:

Die Tickets können per Mail reserviert werden.

Bezahlen muss man sie allerdings in bar binnen 72 Stunden nach der Reservierung (bzw. nach der Bestätigungsmail).

Zum Beispiel in Viedma und Bariloche oder in Buenos Aires in der Touristeninfo der Provinz Río Negro (Casa de la Provincia de Río Negro, Tucumán 1916). Die genauen Infos zu den Zahlungsmodalitäten werden bei der Buchung per Mail mitgeteilt.

 

Vor allem in den Sommermonaten ist der Zug oft wochenlang ausgebucht, sodass die Tickets auf jeden Fall weit im Voraus reserviert werden müssen.

Tren Patagónico - Abfahrtzeiten

  • Viedma: Freitag 18 Uhr
  • Bariloche: Sonntag 17 Uhr

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Kommentare: 3
  • #1

    Cecilia Easdale (Mittwoch, 13 November 2019 17:35)

    Hello! I am very sorry I do not speak German, but I hope we can use Google Translate to communicate...:)
    We truly appreciate your blog about the Tren Patagonico, as we are considering taking it this summer from San Antonio Oeste to Bariloche. Your pictures and description is great, as we are struggling to make any online reservation. So we just emailed the train company in hopes to make a final reservation in camarote (sleep bed option).
    We would like to ask you if you used the sleep accommodation, and wonder how noisy it really was. We recently took a night train from Rome to Venice and it was truly a nightmare with screeching noises all night long. We are not very "picky" about accommodations and like adventure and do not ever use luxury accommodations; however we hope to be able to rest through the night to enjoy Jacobacci and the beautiful morning landscapes you described.
    Thank you kindly for your information!
    Cecilia Easdale
    nchechu@yahoo.com

  • #2

    Ernesto (Mittwoch, 29 Juli 2020 08:19)

    Ich habe diesen Zug 1990 noch von Buenos Aires abgehend genommen, nach 2 Tagen waren wir auf die Sekunde genau in Bariloche angekommen. Es macht mich ungeheuer wehmütig, daß es diese großartigen Eisenbahnstrecken des letzten Jahrhunderts nicht mehr gibt und sie dem Verfall preisgegeben werden. Heute wäre es gut die Züge würden noch fahren, es ist auf jeden Fall besser als Fliegen.
    Mit ganz wehmütigen Grüßen denke ich an die Weite Patagoniens zurück
    Muy cordialmente
    Ernesto

  • #3

    Argentinien24/7 (Donnerstag, 30 Juli 2020 09:15)

    Hola Ernesto,

    vielen Dank, dass Du uns an Deinen Erinnerungen und Gedanken teilhaben lässt. Das muss bestimmt eine unvergessliche Fahrt gewesen sein von Buenos Aires nach Bariloche. Ja, schade, dass es kaum noch Eisenbahnstrecken gibt in Argentinien. Kann ich gut nachvollziehen dass Dich das wehmütig macht - und die patagonischen Weiten sowieso! :-)

    Saludos aus Buenos Aires
    Simone