Gran Hotel Viena in Miramar - Prunk in Ruinen

Das Gran Hotel Viena in Miramar de Ansenuza, Provinz Córdoba, war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein luxuriöses Feriendomizil für gut betuchte Europäer und Argentinier. Vom ehemaligen Prunk und Gloria erzählt heute nur das leise Flüstern der Geister – sofern man an deren Existenz glaubt. So oder so, die alten Gemäuer, knarzenden Treppenstufen und Schatten werfende Gänge sind einen Besuch auf jeden Fall Wert.

 

Ehemaliges Luxus- und Kurhotel Gran Hotel Viena an der Lagune Mar Chiquita, Provinz Córdoba
Ehemaliges Luxus- und Kurhotel Gran Hotel Viena an der Lagune Mar Chiquita, Provinz Córdoba

Zweieinhalb Autostunden von Córdoba Stadt entfernt liegt der kleine Ort Miramar de Ansenuza am Salzsee „Mar Chiquita“. Neben einem entspannenden Bad im salzigen Wasser oder der Vogelbeobachtung – allein 300.000 Flamingos leben dort – empfängt Miramar die Besucher mit Geschichten. Eine dieser Geschichten ist die des Gran Hotel Viena.

 

Miramar de Ansenzua - einstiger Kurort für Gutbetuchte

Aufgrund des hohen Salzgehaltes und einer Vielzahl von Mineralien entwickelte sich Miramar Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem vielbesuchten Kurort. Die Gäste kamen aus ganz Argentinien und Europa, in der Hoffnung hier ihre Krankheiten zu heilen. Lange Schiff- und strapaziöse Überlandfahrten nahm man dafür gerne in Kauf. In seiner Blütezeit durfte sich Miramar mit 109 Hotels rühmen, aber keines war so luxuriös und prunkvoll wie das Gran Hotel Viena, wo dem Gast jeder Wunsch von den Augen abgelesen wurde.

 

Gran Hotel Viena in Miramar: Reise in die Vergangenheit

Der Deutsche Max Pahlke, damaliger Generaldirektor der Firma Mannesmann für Südamerika, lebte seit 1920 mit seiner österreichischen Frau Melitta in Argentinien. Sie litt an einer Hautkrankheit, ihr Sohn an Asthma, und so reisten sie auf Empfehlung ihres Arztes in Buenos Aires nach Miramar. Tatsächlich fühlten sich Mutter und Sohn bald besser, was die Familie dazu bewegte, im Jahr 1936 Geld in die Errichtung eines Luxushotels zu investieren.

1940 wurde mit dem Bau begonnen und vier Jahre später öffnete das Gran Hotel Viena seine Tore für Besucher aus aller Welt, vorwiegend aber aus dem deutschsprachigen Raum. Voraussetzung für die 80 Angestellten war es, möglichst akzentfrei Deutsch zu sprechen.

 

Gartenanlage des Gran Hotel Viena
Gartenanlage des Gran Hotel Viena

Die Zimmer des Gran Hotel Viena

Das Hotel bestand aus drei Flügeln. Der Nordflügel hatte 26 Zimmer mit je 2 Betten und 2 Zimmer mit drei Betten. Alle Zimmer waren ausgestattet mit eigenem Bad, Heißwasser, Betten und einem Schrank. Auf jeder Etage gab es ein Telefon, über das mit den Angestellten kommuniziert werden konnte. Der Ostflügel war für Alleinreisende gedacht und verfügte über 30 Zimmer mit eigenem Bad. Der dritte Flügel war der deutschsprachigen Oberschicht vorbehalten. Hier gab es acht Maisonette-Wohnungen sowie acht großzügig eingerichtete Doppelzimmer, wahlweise mit Seeblick oder mit Blick auf den mit Blumen und Palmen bepflanzten Innenhof.

 

Marmor, Aufzüge & Klimaanlagen - Luxus pur

Der Marmor für Zimmer und Flure im First-Class-Trakt wurde eigens aus Italien hergebracht. Der große Speisesaal hatte eine große Fensterfront zum See hin, schwere Kronleuchter hingen von der Decke. Außerdem verfügte das Hotel über ein Thermalbad mit Salzwasser, eine eigene Bäckerei, Friseursalon, diverse Werkstätten, Ärzte & Krankenschwestern, Zentralheizung, Aufzüge und – absolutes Luxusgut zur damaligen Zeit – eine Klimaanlage. Man stelle sich diesen ganzen Prunk nun in einem 1600 Seelennest vor.

Gran Hotel Viena - das Ende von Glanz & Gloria

Lange hielt das luxuriöse Leben allerdings nicht an. Denn 1946, nur zwei Jahre nach der Eröffnung, verließen die Pahlkes Argentinien, das Gran Hotel Viena wurde geschlossen. Generaldirektor Martin Krüger blieb, wurde aber zwei Jahre später tot in seinem Zimmer aufgefunden. Anfang der 1960er Jahre eröffnete das Hotel erneut, fiel allerdings der großen Überschwemmung von 1977 endgültig zum Opfer. Jahrelang war das Gebäude gefangen im Salzwasser. Das Salz fraß sich gierig durch die Mauern. Übriggeblieben ist eine Ruine, die heute als Museum fungiert.

 

Einstiger Speisesaal mit Seeblick
Einstiger Speisesaal mit Seeblick

Streit um das Grundstück

Einige original Maschinen und Einrichtungsgegenstände sind bis heute erhalten und können im Rahmen einer geführten Tour besichtigt werden. Alle Luxusartikel, die zu Geld gemacht werden konnten, wurden jedoch nach der Überschwemmung geplündert. Das Grundstück ist seit einigen Jahren Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung zwischen der Stadtverwaltung von Miramar und einem Nachkommen Pahlkes, der es als sein Erbe betrachtet. Eine heikle Situation, deren Ausgang in den Sternen steht.

 

Gran Hotel Viena - Ort der Geschichten

Das ruinöse Gebäude entlockt der menschlichen Fantasie die absurdesten Theorien. Nazis hätten dort nach dem Zweiten Weltkrieg Unterschlupf gefunden, Soldaten wären dort gesund gepflegt worden, ja, manche Stimmen in Miramar sind sogar überzeugt davon, dass sich dort der ehemalige Präsident Juan D. Perón mit Hitler getroffen hätte.

Derartige Geschichten erwähnt Touristenführererin Patricia Zapata während des Rundgangs nur am Rande. Allgemein verzichtet sie auf reißerische Darstellungen. Auch das ist eine der vielen Anekdoten, die das Hotel erzählt: Nach dem ungeklärten Tod Krügers verschwand seine heimliche Geliebte Doña Ana spurlos und niemand bekam sie mehr zu Gesicht – außer denjenigen, die Geister wahrnehmen können.

 

Lebende Tote - eine Frage der individuellen Sensibilität

Ihre Präsenz ist vor allem in Zimmer 106 zu spüren, wo Krüger tot aufgefunden wurde. In einem weißen Gewand erscheint ihre diffuse Gestalt auf einigen Fotos von Besuchern (mit einem solchen Foto kann ich leider nicht dienen). Ein Fernsehteam aus den USA untersuchte die paranormale Aktivität im Hotel und deklarierte es als den Ort mit der meisten Aktivität Südamerikas. Auch Patricia beteuert, insbesondere bei nächtlichen Führungen, „Präsenzen“ gespürt zu haben. Ihre Mundwinkel verziehen sich zu einem schelmischen Grinsen, sie lässt im Ungewissen, ob sie sich selbst glaubt oder nicht.

„Das ist eine Frage der Sensibilität eines jeden Einzelnen“.

 

Gran Hotel Viena - Geschichten als Souvenir

Jeder Besucher des ruinösen Gran Hotel Viena ist dazu eingeladen, sich seine eigenen Geschichten auszusuchen und als Andenken an Miramar de Ansenuza mit nach Hause zu nehmen.

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Natasja Ahlers (Sonntag, 13 Februar 2022 10:30)

    Liebe Simone, das ist eine faszinierende Geschichte! Spontan fällt mir beim Lesen das Hotel Eden in La Falda ein, das ich im Jahr 1986 nur von außen betrachten konnte. Den Luxus längst vergangener Jahre konnte man nur erahnen, so baufällig war das einstige Luxushotel. Mein Vater und ich, damals 14jährig, schlugen uns ins Gebüsch, um hineinspähen zu können, was kaum gelang. Irgendwo lief noch Wasser, was sehr gruselig war. Tante Wikipedia sagt, Teile davon seien bereits saniert worden. Irgendwann einmal möchte ich zurück und es mir anschauen. Liebe Grüße Natasja

  • #2

    Argentinien 24/7 (Montag, 14 Februar 2022 08:02)

    Liebe Natasja,
    auch das ist eine sehr schöne Geschichte! Von La Falda nach Miramar sind es nur rund 260 km. Du kannst also beiden Hotels ins Ruinen einen Besuch abstatten, hier musst du dich zumindest nicht durchs Gebüsch schlagen - wobei das der Geschichte natürlich noch etwas ganz Besonderes verleiht.
    Liebe Grüße aus El Condor in Rio Negro
    Simone

  • #3

    Julia (Sonntag, 07 Mai 2023 02:11)

    Das ist ja, faszinierend ! Ich selber , komme aus Cordoba , Argentinien . Ich bin mit diese Bundesbar erzählte Geschichte / Bericht über das Hotel Viena gestolpert ,weil, mein Bruder Bildern aus seine gestrigen Motorrar Tour geschickt hat , und erzählte das von DE gebaut worden war. somit es gegoogelt, und das gefunden . Wie gesagt , finde ich sehr schön geschrieben Bericht ! Bein Nächte Familien besucht in Arg. ist als Ausflugsort , sicher dabei.
    Danke

  • #4

    Argentinien24/7 (Dienstag, 09 Mai 2023 15:30)

    Hola Julia, muchas gracias por tu mensaje. Si vivis en Córdoba, no te cuesta nada ir. Andá, es un lugar increíble y las visitas guiadas son muy interesantes. :-)
    Saludos,
    Simone